Familienforschung Schweiz
Généalogie Suisse
Genealogia Svizzera
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Mitteilungsblatt / Bulletin / Bolletino 70 : September/septembre/settembre 2002

Ungleiche Massstäbe der Kantone beim Erteilen von Forschungsbewilligungen für Genealogen

Sykes, Bryan: Die sieben Töchter Evas (Buchbesprechung)


    Inhaltsverzeichnis / Sommaire
    Allgemeines / Généralités
1 - Editorial/Editorial
2 - Neue Redaktion / Nouvelle rédaction
5 - Impressum
6 - Inhaltsverzeichnis / Sommaire / Indice
Veranstaltungen der SGFF / Activités de la SSEG
8 - Hauptversammlung 2003 in Schwyz SZ / Assemblée ordinaire 2003 à Schwyz SZ
Veranstaltungen der Schweizer Archive / Activités des archives suisses
8 - Tag der offenen Archive / Journée des archives ouvertes
    Herbstversammlung 2002 / Assemblée d'automne 2002
9 - Herbstversammlung 2002
16 - Assemblée d'automne 2002
20 - Zugverbindungen / Horaire des trains
    Fachbeitrag
22 - René Krähenbühl: "Fährtensuche (7)" - Das neue Familiennamenbuch der Schweiz (Artikel erstmals erschienen 1969)
    Wissenswertes / Rubriques diverses
45 - Aktivitäten der regionalen Gesellschaften / Activités des associations régionales / Attività degli associazioni regionali
53 - In eigener Sache - u.a.: Weisungen zur Benutzung der SGFF-Bibliothek für SGFF-Mitglieder
57 - Veränderungen im Mitgliederbestand / Mouvement des membres
59 - "Dies und Das" - u.a.: Ungleiche Massstäbe der Kantone beim Erteilen von Forschungsbewilligungen für Genealogen
65 - Buchbesprechungen von Bibliotheksneuzugängen (SGFF-Bibliothek) - u.a.:
- Theus-Bieler, Valentin: Der Aufbau einer familienkundlichen Sammlung. 50 Jahre Erfahrung. Binningen 1998, 28 Seiten, illustriert.
- Theus-Bieler, Rita und Valentin: "Bismarck"-Tagung 1966 in Bonaduz. Tagung der Nachfahren des Christ Lorenz Bieler-Degiacomi (1855-1931). 13 Seiten, Nachfahrentafeln, illustriert.
- Theus-Bieler, Valentin: Familienchronik der Familie Valentin und Rita Theus-Bieler von Domat/Ems GR. Binningen 1976, 193 Seiten, illustriert.
- Saupé, Francis: Ahnenliste der mütterlichen Linien. 26 Seiten.
- Sykes, Bryan: Die sieben Töchter Evas. Warum wir alle von sieben Frauen abstammen – revolutionäre Erkenntnisse der Gen-Forschung. Aus dem Englischen von Andrea Kamphuis. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2001, 335 Seiten, 7 Abbildungen.
75 - Zeitschriftenrundschau
79 - Leserbrief

Ungleiche Massstäbe der Kantone beim Erteilen von Forschungsbewilligungen für Genealogen

  1. Die Forschungsbewilligung
    Ein Mitglied unserer Gesellschaft beantragte bei den Kantonen Aargau, Bern und Glarus eine Forschungsbewilligung. Sein Antrag bezog sich auf die Erforschung aller Seitenzweige, das heisst auf alle Seitenlinien in auf- und absteigenden Mannes- und Frauenlinien.

    Während die Kantone Aargau und Glarus eine Bewilligung zur Einsicht in die Zivilstandsregister bis in die Neuzeit erteilten, gewährte der Kanton Bern nur Einsicht in die Register vor 1900!

  2. Bewilligungserteilung durch die drei Kantone
    Nachdem sich unser Mitglied bei der Aufsichtsbehörde des Kantons Aargau über seine Ausbildung und Fähigkeiten als Genealoge ausgewiesen und seine Forschungsabsichten sowohl brieflich wie auch in einer Aussprache mit dem Leiter der Aufsichtsbehörde dargelegt hatte, wurde ihm eine Bewilligung zur Einsicht in die Familiendaten von 1880 bis in die Gegenwart erteilt (inkl. lebende Personen in den Haupt- und Seitenlinien). Im Rahmen des neuen Datenschutzgesetzes wurden allerdings 12 Auflagen bindend in der Bewilligung festgelegt, welche der Forscher z.T. sogar selbst in verschärfter Form vorgeschlagen hatte (z.B. diejenige der Publikation).

    Der Kanton Glarus schloss sich dem Kanton Aargau an und erteilte eine analoge Bewilligung auf drei Jahre.

    Nicht so der Kanton Bern. Der Antragsteller erhielt anfangs 2001 ein Schreiben, in dem ihm eine Bewilligung für die Zeit vor 1900, nicht aber bis zur Gegenwart angeboten wurde. Der Gesuchsteller beantragte daraufhin eine Wiedererwägung seines Gesuches unter Hinweis auf Artikel des Eidgenössischen Amtes für Zivilstandswesen, publiziert in der Zeitschrift für Zivilstandswesen. Er bezog sich auf die Publikationen von Oliver Waespi über "personenbezogene Forschung und Datenschutz" und von Michel Montini zum Thema "Datenschutz im Zivilstandswesen", die eine Erteilung von Bewilligungen zur Einsichtnahme in Zivilstandsregister der Neuzeit durchaus zulassen.

    Ende September 2001 lag endlich eine begründete und beschwerdefähige Verfügung des Zivilstands- und Bürgerrechtsdienstes Bern vor. Darin verweist Bern auf Artikel 29a, Absatz 2 der Zivilstandsverordnung (ZStV), in dem die kantonale Aufsichtsbehörde die Bekanntgabe von Personen zum Zwecke personenbezogener Forschung bewilligen kann. In diesem Sinne wurde die Bekanntgabe auf die Zeit vor 1900 eingeschränkt, um die Daten lebender Personen besonders schützen zu können! Es wurde argumentiert, dass der Persönlichkeitsschutz lebender Personen nicht mehr gewährleistet werden könne, wenn die Nachfahren in den Seitenlinien bis in die Gegenwart für die Familienforschung freigegeben werden.

    Als Parallele wies Bern auf einen Bundesgerichtsentscheid hin (der übrigens auch ein Mitglied der SGFF betrifft), bei dem die Beschwerde eines Berufsgenealogen abgewiesen wurde, dem eine umfassende und nicht auf den Einzelfall bezogene Einsichtnahme in die Zivilstandsregister des Kantons Zürich verweigert worden war.

    Obschon unserem Mitglied eine professionelle Arbeit attestiert wird und ihm auch grundsätzlich die Bewilligung zur Einsichtnahme in die Zivilstandsregister übertragen werden könnte, glaubt Bern nicht an die Geheimhaltung, wenn es die eigene Familie betrifft. Etwas erstaunlich ist die Aussage, dass es im vorliegenden Fall nicht um eine Arbeit von allgemeinem Interesse gehe, sondern um die "Ausforschung" der eigenen Familie! Deshalb seien für die Nachforschungen in der eigenen Familie die Bestimmungen des Datenschutzes noch enger auszulegen, weil die forschende Person selbst Partei und nicht geeignet sei, mögliche Familiengeheimnisse zu wahren.

  3. Beschwerde
    Unser Mitglied erhob daraufhin Beschwerde bei der vorgesetzten Stelle gegen diese Verfügung, indem es unter anderem auf die neue Regelung der welschen Kantone hinwies, die seit Juni dieses Jahres für die Kantone der Romandie nur noch eine einzige Bewilligung vorsieht. Zudem können von jeder genealogischen Gesellschaft 5 Mitglieder autorisiert werden, die unter gewissen Auflagen Einsicht in die aktuellen Zivilstandsregister erhalten.

  4. Beantwortung der Beschwerde
    Die Beschwerde wurde von der Polizei- und Militärdirektion des Regierungsrates des Kantons Bern abgelehnt.

    Auch diese Instanz attestiert unserem Mitglied zwar Ernsthaftigkeit und Methodik der Forschung als langjährigem Mitglied der SGFF, verharrt aber auf dem Standpunkt, dass bei der Erforschung der eigenen Familie eine erhöhte Gefahr des Datenmissbrauches bestehe. Da in der Regel eine Trennung von "sensiblen" und "unsensiblen" Daten kaum möglich sei, würden die sensiblen Daten bei den lebenden Familienangehörigen des Beschwerdeführers einen besonderen Schutz beanspruchen. Deshalb ist Bern der Ansicht, dass es keine Auflagen gebe, um Geheimhaltungsinteressen der lebenden Familienmitglieder zu wahren.

  5. Replik des Eidgenössischen Amtes für Zivilstandswesen (EAZW)
    Meine Bitte um einen Kommentar oder eine Entgegnung des Eidgenössischen Amtes für Zivilstandswesen (EAZW) stiess leider auf taube Ohren. Die lakonische Antwort lautete wie folgt:

    Sehr geehrter Herr Ochsner
    Ihren Beitrag für Ihr Mitgliederblatt habe ich mit Interesse gelesen. Ich danke Ihnen für die Vorinformation. Da wir auf unabsehbare Zeit mit dem Projekt "Infostar" sehr stark ausgelastet sind, kann ich leider Ihren Vorschlag, für Ihr Blatt einen Kommentar oder eine Entgegnung zu verfassen, nicht annehmen. Ihre Kritik und Ihre Anregungen werden bei der laufenden Änderung der Ausführungserlasse im Zivilstandswesen geprüft.

    Mit guten Grüssen
    Meilleurs salutations
    Cordiali Saluti

    Eidg. Amt für Zivilstandswesen im Bundesamt für Justiz
    Office fédéral de l'état civil à l'Office fédéral de la justice
    Ufficio federale dello stato civile all'Ufficio federale de giustizia


  6.  Fazit
    Da die kantonalen Aufsichtsbehörden die Bekanntgabe von Personendaten gemäss Zivilstandsverordnung vom 01.01.1998 zum Zweck personenbezogener Forschung bewilligen können, kommt mit diesen grundverschiedenen Entscheiden der Kantone Aargau und Bern zum Ausdruck, dass die Bewilligungserteilung einen reinen Ermessensentscheid darstellt! Da dieser Ermessensentscheid von einer oder eventuell von einigen wenigen Personen abhängt, dürfte er immer sehr subjektiv gefällt werden. Es läge daher im Interesse des Eidgenössischen Zivilstandswesens (EAZW), ihre Verordnung vom 01.01.1998 so zu revidieren, dass eine Forschungsbewilligung in der gesamten Schweiz unter den gleichen Bedingungen zu gewähren ist. Zudem sollten diese Bedingungen in einer neuen Verordnung explizit genannt werden.

  7. Ausblick
    Da sowohl die Kantone Aargau wie Bern gemäss ihrem eigenen Ermessen gehandelt und dieses auch begründet haben, dürfte ein Weiterziehen der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Bern und das Bundesgericht wenig Chance auf Erfolg haben. Ein negativer Bundesgerichtsentscheid würde immer zu Ungunsten des Forschers und damit auch der SGFF ausgelegt werden, wie dies der Fall des Zürcher Berufsgenealogen zeigt. Nur ein positiver Bundesgerichtsentscheid wird uns helfen, eine Forschungsbewilligung für lebende Personen zu erzwingen. Solange allerdings ein Entscheid im Ermessen der Kantone liegt und nicht vom Bund in engeren Grenzen geregelt wird, dürften wir noch lange darauf warten.

    Um in der Zukunft auf einer gewissen Erfahrung aufbauen und den Mitgliedern helfen zu können, möchte die SGFF von ihren Mitgliedern wissen, wer ähnliche Probleme mit den Aufsichtsbehörden in positivem oder negativem Sinn erlebt hat.

    Da das Weiterziehen bis vor Bundesgericht schätzungsweise CHF 10'000 kosten dürfte, die weder einem Privaten noch der SGFF für so einen Fall ohne weiteres zur Verfügung stehen, möchten wir gerne wissen, wie viele Mitglieder bereit wären, einen Solidaritätsbeitrag von CHF 100 bis 500 zu bezahlen, um in einem aussichtsreichen Fall die Angelegenheit vors Bundesgericht zu bringen. Voraussetzung: Die Chancen vor Gericht müssten deutlich über 50 % liegen!

    Das EAZW und alle kantonalen Stellen sollten genauso wie die SGFF und ihre regionalen Vereine grosses Interesse an einer Neuformulierung von Artikel 29a der Zivilstandsverordnung vom 1.1.1998 haben, der durch seine "kann"-Formulierung zu gegensätzlichen Entscheiden Möglichkeit bietet.

Sykes, Bryan: Die sieben Töchter Evas.
Warum wir alle von sieben Frauen abstammen - revolutionäre Erkenntnisse der Gen-Forschung.
Aus dem Englischen von Andrea Kamphuis.
Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2001, 335 Seiten, 7 Abbildungen.

Der 1951 in London geborene Bryan Sykes ist Professor für Genetik am Institut für Molekularmedizin der Universität Oxford. Durch seine ausgeprägte Erzählbegabung wird sein Buch lehrreich und vergnüglich. Am überzeugendsten wirken jene der 23 Kapitel, wo er eigene Forschungserlebnisse schildert: "Das Pazifik-Rätsel" und "Der Cheddar-Mann gibt Auskunft". Ein weiterer Vorzug besteht in den wissenschaftsgeschichtlichen Einschüben, die über den Gang der Erkenntnisse dem Leser zum Verständnis verhelfen.

Jeder weiss, dass Kinder ihren Eltern ähneln. Aristoteles vermutete, dass die Gestalt des Ungeborenen einzig auf den Vater zurückgehe. Der mütterliche Beitrag beschränke sich auf die Ernährung des Kindes im Mutterleib und an der Brust. Bei genügender innerer Kochung werde ein Knabe geboren, bei ungenügender Kochung ein Mädchen. Hippokrates glaubte dagegen, die Eigenschaften des Kindes würden durch ein Mischungsverhältnis elterlicher Samenflüssigkeiten festgelegt. Diese Ansicht stimmte mit der Erfahrung besser überein. Erst im 19. Jahrhundert wurden die Verhältnisse durch gute Mikroskope und Farbstoffe für das Auge sichtbar. Der Kopf eines einzigen Spermiums dringt in die grosse Eizelle ein und erreicht deren Zellkern. Vom Vater und von der Mutter treten gleich viele Fäden aneinander. Da diese sich stark färben liessen, erhielten sie den griechischen Namen Farbkörper, "Chromosomen" (chromos = Farbe, soma = Körper). Man sah, wie sie sich vor jeder Zellteilung in der Mitte der alten Zelle versammelten, spalteten und auf die beiden Tochterzellen verteilten. Die Erbsubstanz stammt somit zu gleichen Teilen von beiden Eltern.

Ein einziges Chromosom des Mannes erschien in zwei verschiedenen Gestalten, X oder Y. Enthielt der männliche Same ein X, so entstand ein Mädchen; enthielt er ein Y, so war von Anfang an ein Knabe festgelegt. Mit einer Auskochung hatte dies nichts zu tun. Jedes Chromosom enthält Querbänder, Gene genannt, die sich als Träger bestimmter Erbanlagen erwiesen, was sich zuerst an der Fruchtfliege Drosophila zeigen liess. Der chemische Aufbau der Chromosomen ist merkwürdig einfach. Nur vier Aminosäuren wechseln ständig miteinander ab. Ihr gemeinsamer Name, Desoxyribonukleinsäure, wird DNS abgekürzt. Heute spricht man von DNA (wegen des englischen Wortes für Säure: "Acid"). Beim Zusammentreten der je 23 väterlichen und mütterlichen Chromosomen im Kern treten häufig Mutationen ein.

Im Januar 1987 eröffnete der Amerikaner Allan Wilson durch einen Fachbeitrag in der Zeitschrift "Nature" ein neues Forschungsfeld: "Mitochondrien-DNA und die menschliche Evolution". Hier geht es nicht um die Chromosomen im Zellkern, sondern um Bestandteile innerhalb der ernährenden Umgebung dieses Kerns. Diese Eizellen-Elemente werden ohne Einfluss des Vaters rein von Mutter zu Mutter vererbt. Trotzdem gibt es auch hier Mutanten, jedoch nur einmal innerhalb von vielen Dutzend Generationen. Wer seine Matura vor über 20 Jahren abgelegt und seither nicht Biologie studiert hat, wird von diesen ovalen, bakteriengrossen, den Stoffwechsel leitenden Einheiten im Zellinnern noch kaum gehört haben. Sie heissen griechisch Fadenknorpel, "Mitochondrien" (mitos = Faden, chondros = Knorpel). Ihre Bedeutung zur Erforschung der Langzeit-Vererbung ist erst seit wenigen Jahren bekannt. Inzwischen hat man viele tausend Frauen auf die DNA-Struktur ihrer Mitochondrien untersucht. Bryan Sykes gehört zu den führenden Analytikern dieses Erbgutes. Eine seiner Folgerungen lautet, dass alle 650 Millionen Europäer von sieben Frauen abstammen, die sich in ihrer mitochondrialen DNA leicht voneinander unterscheiden.

Die Mitochondrien sind nicht nur in die Eizelle, sondern in das Gel (Zytoplasma) aller Zellen eingebettet. Je mehr Beatmung eine Zelle benötigt, um so mehr Mitochondrien braucht sie. Gewebe mit hohem Stoffwechsel (Muskulatur, Nerven, Gehirn) enthalten bis zu tausend Mitochondrien pro Zelle; alle sind von einer Doppelmembran umgeben, und das Wesentliche geschieht auf der inneren Membran. Das befruchtete Ei enthält im Kern gleich viel DNA von väterlicher und mütterlicher Seite, jedoch nur Mitochondrien von der Mutter. Jeder Mann trägt die Mitochondrien seiner Mutter, gibt sie aber nicht an seine Kinder weiter, da deren Mutter dies besorgt. Wenn ein Mann sich überlegt, wessen Mitochondrien ihm eigen sind, so ergibt sich das Spiegelbild des üblichen Stammbaums. Er muss zunächst an die Mutter seiner Grossmutter mütterlicherseits denken und sich entsprechend weiter zurückhangeln.

Die letzte Zarenfamilie der Romanows, die Russland 300 Jahre regiert hatten, wurde 1918 in einem Keller erschossen. 1991 entdeckte ein Geologe in einem Birkenwald im Ural menschliche Gerippe. Die DNA-Sequenz aus den Knochen der Kinder entsprach derjenigen der Mutter. Die des Mannes war anders. Handelte es sich um Nikolaus II.? Man prüfte einen lebenden Blutsverwandten des Zaren, der über eine rein weibliche Ahnenreihe mit ihm verbunden war. Um bei der Frau sicher zu sein, dass sie die Zarin war, ging man entsprechend vor. Der Sohn der Schwester der Zarin, Viktoria von Hessen, ist Prinz Philipp, der Gemahl der englischen Königin. Er spendete Blut, und die DNA-Sequenz stimmte überein.

Alle Goldhamster sind Abkömmlinge eines einzigen Weibchens. Sie haben sich seit 1930 in über 250 Generationen fortgepflanzt. Trotz den Gen-Mutanten haben sich die DNA-Sequenzen ihrer Mitochondrien bei 35 untersuchten heutigen Arten als einheitlich erwiesen.

1990 brach sich Bryan Sykes auf der Insel Rarotonga im südlichen Pazifik die Schulter. Dies zwang ihn zu einem mehrwöchigen Aufenthalt. Es wurde ihm erlaubt, Blutproben aus dem Spital auf die Mitochondrien-DNA zu testen. Ausgedehnte weitere Nachprüfungen bewiesen, dass die Polynesier aus Südostasien stammen, wie es archäologische Funde, Sprachvergleiche, Haustiere und Nutzpflanzen schon lange hatten vermuten lassen.

Bryan Sykes hat seine Bestimmungen auf weit zurückliegende Funde ausgedehnt. Die Radiokarbondatierung ergab für "Ötzi" ein Alter von 5000 bis 5350 Jahren. Aus einer Gewebeprobe ermittelte Sykes seine DNA-Sequenz. Gern hätte er noch ältere Knochen aus dem Jungpaläolithikum untersucht, als der Mensch Jäger und Sammler und noch nicht sesshafter Landwirt war. In der Cheddar-Schlucht, 30 Kilometer westlich von Bath, hatte eine Höhle 1903 das Skelett eines Mannes preisgegeben, der vor 9000 Jahren lebte. Chris Stringer, Abteilungsleiter im Londoner Natural History Museum, grub 1986 in der Cheddar-Höhle einen tadellosen Unterkiefer aus, der sogar über l2000 Jahre alt war. Sykes durfte einen der Zähne anbohren und gewann Pulver zur Bestimmung der Mitochondrien-DNA. Sie entsprach der heute noch verbreitetsten Gruppe.

Er taufte die sieben Urmütter Ursula, Xenia, Helena, Velda, Tara, Katrin und Jasmin. Die Berichte über Zeit und Ort ihres Daseins beruhen zwar bloss auf Schätzungen. Doch sind sie abwechslungsreich und reizvoll zu lesen, da der Verfasser sie entscheidende Abschnitte der Menschheitsentwicklung mitgestalten lässt. Lehrkräfte des dritten Schuljahres fänden hier anschauliche Anleitungen.

Für sicher hält Sykes den Ursprung des Homo sapiens in Afrika sowie unsere Abstammung vom Cro-Magnon-Menschen.

Heinz Balmer

[Anm.: weitere Informationen und Links finden Sie auf der Webseite Geschichte und Gene]


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Inhalt © beim Autor bzw. der Bulletin-Redaktion / Letzte Überarbeitung 17 Mai 2005.
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