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Das Fürstbistum Basel: Reformation (1502 - 1575)

Das Zeitalter der Reformation und die Lösung der Stadt Basel vom Bischof (1502 - 1575)

  Bischof Christoph von Utenheim (1502-1527) nimmt regen Anteil am humanistischen Geistesleben in der Stadt. Er bemüht sich mit einer Diözesansynode um kirchliche Reformen, mit denen er sich aber nicht durchsetzen kann. Dem sich beschleunigenden Zerfall seiner Herrschaft über die Stadt steht er hilflos gegenüber. 1519 übergibt er die Regierung dem Domdekan Niklaus von Diesbach als Koadjutor.
1515 Der Rat beschliesst gegen den Protest des Bischofs, die Angehörigen der bischöflichen Kurie in die bürgerlichen Pflichten aufzunehmen.
1516 Mit Jakob Meyer zum Hasen wird erstmals ein Zunftvertreter Bürgermeister.
  Luthers frühe Schriften, die ab 1518 in Basel gedruckt werden, finden breiten Anklang teils auch beim Klerus. Bald stehen sich Anhänger einer Reform innerhalb der tradierten kirchlichen Strukturen und Anhänger einer radikalen Neuorientierung unter Ablehnung der kirchlichen Tradition gegenüber. Der Rat bemüht sich um die Verhinderung von Konflikten, provokativen Aktionen und tumultartigen Umstürzen.
1521 Die Stadt nimmt eine Auseinandersetzung um die Burg Pfeffingen zum Anlass, die alte Ratsverfassung aufzuheben und sich von allen Verpflichtungen gegenüber dem Bischof loszusagen. Der Rat verweigert dem Bischof den Treueeid und schliesst ihn vollständig vom Wahlverfahren aus. Damit ist auch das faktisch längst ausgehöhlte Zeremoniell der Herrschaft des Bischofs über die Stadt verlassen. Proteste und Drohungen des Bischofs bleiben wirkungslos. Der Rat ist inzwischen weitgehend in der Hand der Handelszünfte.
1522 Der Bischof beginnt gegen aufrührerische Prediger vorzugehen. Der Rat schützt einerseits die Angegriffenen bis zu einem gewissen Mass, unterstützt aber auch die Ermahnungen des Bischofs und nimmt in Einzelfällen gegen den Willen der Bevölkerung Ausweisungen vor.
1523 Ermahnungen von Papst Hadrian VI., der in seinem sehr kurzen Pontifikat mit seinen Reformbemühungen nicht durchdringen konnte, an die Stadt Basel werden ignoriert.
Unter dem Druck der Bevölkerung bezieht der Rat in einer Auseinandersetzung erstmals klare Position für die Reformer und entscheidet gegen einen Beschluss der kirchlichen Hierarchie: Mit Pellican und Ökolampad werden Anhänger der neuen evangelischen Lehre zu Professoren der Theologie ernannt. Damit setzt die Einflussnahme des Rates auf die Universität ein. Ökolampad wird kurz darauf zugleich Vikar von St. Martin und wird in der Folge zum Haupt der reformatorischen Bewegung. Schon 1523 treten neue Formen des Gottesdienstes neben die traditionelle Messe.
Klosteraustritte beginnen sich zu häufen.
Der Rat erlässt das Predigtmandat, das zwischen den sich auf die Kirchenväter auf der einen und v.a. auf die Schriften Luthers auf der anderen Seite beziehenden Parteien vermitteln soll, letztlich aber wenig Wirkung hat: Einzig die Bibel soll den Predigten zugrundegelegt werden. Das Predigtmandat bringt erstmals in aller Deutlichkeit zum Ausdruck, dass die Regelung kirchlicher Angelegenheiten zunehmend als obrigkeitliche Aufgabe verstanden wird.
1524 Der Rat beginnt sich über die Immunität der Kleriker hinwegzusetzen und eignet sich das Recht an, die in den Papstmonaten freiwerdenden kirchlichen Pfründen zu besetzen.
Mit der Weigerung, zur Erhebung des Martinszinses für den Bischof Hand zu bieten, befreit sich der Rat vom letzten bischöflichen Herrschaftsrecht in der Stadt.
Die beiden ersten Priesterehen werden vom Domkapitel durch Amtsentzug bestraft.
Der Bischof schliesst sich dem Sonderbund deutscher Fürsten gegen die Anhänger Luthers an.
  Unter dem Domdekan und Koadjutor Niklaus von Diesbach wird das Domkapitel zur führenden Kraft zur Wahrung der kirchlichen Tradition. Evangelisch Gesinnte treten aus.
  Öffentliche Disputationen, publizistische Aktivitäten, spontane Auseinandersetzungen und öffentliche Manifestationen verschiedener Art häufen sich zunehmend.
  Innerhalb der Eidgenossenschaft zeichnen sich zunehmend scharfe Gegensätze in der Haltung gegenüber den neuen Lehren ab.
  Das Verhalten des Rates, in dem die Altgläubigen weiter stark vertreten sind, ist geprägt weniger von der Stellungnahme für eine Partei als vielmehr vom Bestreben, die Macht auch auf kirchliche Belange auszudehnen einerseits und Tumult und Aufruhr zu verhindern andererseits.
1525 Der Basler Rat unternimmt den entscheidenden Schritt zur Säkularisierung der städtischen Klöster und die Insassen werden zum Verlassen aufgefordert. Das unter die Verwaltung durch die Stadt gelangte Klostergut wird im Wesentlichen der städtischen Armenpflege, dem Schulwesen und der Universität zugewandt. Damit hat der Rat traditionell kirchliche Aufgaben und kirchliche Einkünfte unter seine Kontrolle gebracht.
Der Klerus, der sich zunehmend bedrängt fühlt, gibt freiwillig die Immunität auf und wird durch Ratsbeschluss in die bürgerlichen Rechte und Pflichten aufgenommen. Der Rat setzt diesen Beschluss in der Folge gegen den noch immer anhaltenden Widerstand des Domkapitels durch.
Der Rat besetzt die Domprobstei und andere Kanonikate und Kaplaneien des Domkapitels.
Ansätze zu Tumulten in der Stadt und Bauernunruhen in der Landschaft werden schnell unter Kontrolle gebracht, doch es bleibt eine mit dem neuen Glauben einhergehende radikalisierte Stimmung. Der Bischof ist zur Unterdrückung der Unruhen im Birseck und im Laufental auf die Hilfe Basels angewiesen; die Stadt kann so ihren Einfluss auf das bischöfliche Herrschaftsgebiet durch Burgrechtsverträge erweitern.
Verschiedene Anhänger der neuen Lehre werden ausgewiesen.
1526 Ökolampad setzt gegen den Widerstand des Rates in St. Martin den deutschen Gemeindegesang durch, verfasst neue liturgische Bücher und vermählt sich.
In einigen Pfarreien, allen voran St. Martin, wird die Messfeier abgeschafft.
1527 Nach dem Tod von Bischof Christoph von Utenheim in Pruntrut wählt das Domkapitel in Delsberg Philipp von Gundelsheim (1527-1553) zu seinem Nachfolger. Der Rat verweigert die traditionelle Teilnahme am Huldigungsritt durch die Diözese. Bischof Philipp bleibt bei seinen Forderungen an Basel erfolglos, hält sich nur kurz in der Stadt auf und residiert von 1528 an ständig in Pruntrut.
Der Rat anerkennt die Entscheidung des Einzelnen für den alten oder den neuen Glauben, doch die Auseinandersetzungen nehmen an Heftigkeit zu. Die Forderungen nach endgültiger Abschaffung des alten Glaubens erhalten wachsenden Nachdruck.
1528 Die ersten Kirchen werden von Bildern geräumt. Auf die Inhaftierung einiger der Beteiligten folgt ein Aufruhr und die Bedrohung des Rates durch das Zunftvolk. Der Rat muss einlenken, die Gefangenen freilassen und fünf bilderlose Kirchen dulden.
Das Domkapitel bemüht sich darum, der wachsenden Oppositin mit einer strengeren Aufsicht über den Klerus entgegenzutreten.
Am Jahresende herrscht eine Stimmung, die einen bürgerkriegsartigen Konflikt als unmittelbar bevorstehend erscheinen lässt.
1529 Beim Versuch des Ausgleichs wird die Übermacht der Anhänger des neuen Glaubens deutlich.
Eine grosse Volksmasse unter Führung der Zünfte fordert die Entfernung der Altgläubigen aus dem Rat und eine allein von den Zünften ausgehende Besetzung des Rates. Während den Verhandlungen schreitet die Masse beginnend beim Münster zum Bildersturm. Der Rat muss sich allen Forderungen beugen und führt in der reduzierten Form die Regierungsgeschäfte weiter. Die neue Verfassung wird in kurzer Zeit ausgearbeitet.
Die Entfernung der Bilder aus den Kirchen wird fortan obrigkeitlich organisiert, die Messe verboten und der neue Kult verbindlich und einheitlich durch die Reformationsordnung geregelt - die Grundlage für die entstehende Staatskirche in fester Hand der Obrigkeit, die sozusagen als Zweig der öffentlichen Verwaltung betrachtet wird.
Bis zur Gründung der Pfarrei St. Clara auf privatrechtlicher Basis im Jahre 1798 bleibt der öffentliche katholische Kult aus Basel gebannt.
Den Domherren und ihren Kaplänen wird persönliche Unversehrtheit zugesichert, doch der Bestand der Körperschaft in ihren angestammten Funktionen in Basel ist durch die neue Situation unmöglich geworden. Eilig und diskret wird der Wegzug vorbereitet, um keine Reaktionen zu provozieren. Als Asyl wird Freiburg im Breisgau gewählt, die Stadt, die viele Emigranten aus Basel, unter ihnen Erasmus von Rotterdam, aufgenommen hatte. Der Bischof von Konstanz und der Freiburger Rat gewähren die gewohnten Immunitäten und Privilegien, die Universtiät den Chordienst im Münster. Dem Kapitel bleiben nur die Einkünfte aus dem vorderösterreichischen (habsburgischen) Sundgau, diejenigen aus Basler Gebieten gehen unwiederbringlich verloren, da der Rat das Stiftsvermögen unter seine Verwaltung stellt. Der von der Stadt abhängige Domprobst jedoch kann einen Teil seiner Einkünfte retten. Der Münsterschatz wird unter Verschluss in Basel zurückgelassen. Das Freiburger Asyl wird als Provisorium betrachtet, das schliesslich aber bis zur Niederlassung in Arlesheim 1678 dauert. In der Stadt Basel bleibt dem Domkapitel der Besitz des Domhofes, in dem ein Schaffner insbesondere die Einkünfte aus dem Elsass erhebt und der das städtische Absteigequartier der Domherren wird.
  Von den bischöflichen Herrschaftsgebieten treten insbesondere das mit Bern verbündete Tal von Moutier und die mit Basel verbündeten Gemeinden im Birseck und im Laufental zum neuen Glauben über. Das Kollegiatsstift Moutier-Grandval muss aus Moutier flüchten und lässt sich 1534 in Delémont nieder.
Gundelsheim nimmt mehrfach Darlehen von der Stadt Basel auf.
1537/1538 Sowohl der Basler Rat als auch das Domkapitel besetzen die vakante Domprobstei. Daraus entwickelt sich ein langer Streit, der bis 1574 dauert und damit endet, dass der Rat keine Besetzung mehr vornimmt, sondern die Einkünfte der Domprobstei aus Stadt und Landschaft Basel definitiv dem Kirchen- und Schulgut zuwendet.
1547 Der Bischof verpfändet die Ämter Birseck, Zwingen, Laufen Delémont, St. Ursanne und Franches-Montagnes für 12 Jahre an Basel. Damit verbunden ist ein Vertrag, der die gegenseitige Anerkennung der Herrschaft und der Verzicht auf Glaubensbekehrungen einschliesst.
  Basel erlangt weitere Burgrechte über Gemeinden im Jura.
1555 Die konfessionellen Verhältnisse im Reich werden durch den Augsburgischen Religionsfrieden rechtlich sanktioniert: Die lutheranischen Reichsfürsten erhalten volle Anerkennung.
1559 Mit einigen Modifikationen wird der Vertrag mit Basel von 1547 für weitere 25 Jahre erneuert.
1563 Das Konzil von Trient kommt zum Abschluss. Mit gefestigtem Selbstbewusstsein hat sich die katholische Kirche damit einerseits ihre Traditionen bestätigt und andererseits ein Regelwerk zur Reform der kirchlichen Verhältnisse geschaffen.
Der Basler Bischof Melchior von Lichtenfels (1554-1575) hat seinen Weihbischof an die Schlusssitzung abgeordnet und nimmt 1571 in Besançon an einer Provinzialsynode teil, an der die Annahme der Konzilsbeschlüsse erklärt wird.
Im bischöflichen Herrschaftsgebiet schreitet indessen die Reformation weiter voran.

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