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Das Fürstbistum Basel: Absolutismus (1608 - 1794)

Das Kleinfürstentum im Zeitalter des Absolutismus (1608 - 1794)

  Bischof Wilhelm Rinck von Baldenstein (1608-1628) führt die kirchliche Reform seines Onkels weiter und erneuert das Bündnis mit den katholischen Orten der Eidgenossenschaft.
  Der 1618 ausgebrochene Dreissigjährige Krieg belastet die Finanzen des Fürstbistum durch die Kriegssteuerforderungen des Reiches und Befestigungsanlagen. Der Bischof tritt der katholischen Liga bei.
1632 Bei der Plünderung Freiburgs durch die Schweden erleidet das Domkapitel grossen Schaden. Die Versammlung ist nicht mehr möglich.
  Trotz der Bündniserneuerung mit den Eidgenossen durch Bischof Johann Heinrich von Ostein (1628-1646) kommt dieser nicht in den erhofften Genuss militärischen Schutzes. Pruntrut wird 1634 von den Schweden besetzt. Es folgt vor allem für die Ajoie eine mehrjährige schwere Krisenzeit. In Pruntrut wechseln sich verschiedene Besatzungen ab; vor allem Schweden, Franzosen und Lothringer. Der Bischof hält sich an wechselnden Orten mehrheitlich im Birseck auf; auch das Domkapitel versammelt sich in Delémont oder im Birseck. Doch auch das Birseck erfährt zwischen 1632 und 1641 Durchzüge, Erpressungen, Plünderungen und Massenmorde.
1648 Der Westfälische Friedensschluss prägt die politische Landschaft Europas bis zur französischen Revolution und markiert für das Gebiet des Reiches das Ende umfassender gegenreformatorischer Politik. Für die Nachbarschaft des Fürstbistums sind zwei Aspekte von Bedeutung: Der Basler Bürgermeister Johann Rudolf Wettstein erreicht die Anerkennung der Eidgenossenschaft als vom Reich unabhängiges, neutrales Staatswesen; das aufstrebende Frankreich erlangt die Herrschaft über das Elsass. Das kleine Fürstentum grenzt damit nicht mehr direkt an das Reich, sondern liegt zwischen Frankreich und der Eidgenossenschaft.
Im dreissigjährigen Krieg hat sich die eidgenössische Neutralitätspolitik weitgehend bewährt, was die Basler Fürstbischöfe umso mehr engere Bündnisse anstreben lässt. Gleichzeitig prägt die neue Vormachtsstellung Frankreichs die politische Realität des Fürstbistums.
1650 Bischof Beat Albrecht von Ramstein (1646-1651) kann nach dem Abzug der französischen Besatzung wieder Besitz von der Residenzstadt Pruntrut nehmen.
  Bischof Johann Franz von Schönau (1651-1656) bemüht sich um ein Bündnis mit der Gesamteidgenossenschaft und bietet Basel gar militärische Hilfe zur Niederschlagung des Bauernaufstandes von 1653 an. Die Bemühungen jedoch scheitern schliesslich am Widerstand der reformierten Orte. Es bleibt beim alten Bündnis mit den katholischen Orten, das von den neugewählten Bischöfen jeweils feierlich erneuert wird.
  Die lange Regierung von Johann Conrad von Roggenbach (1656-1693) ist eine Zeit der kirchlichen und politischen Konsolidierung und des wirtschaftlichen Wachstums.
1674 Die Eroberung von Besançon unter persönlicher Teilnahme des französischen Königs Louis XIV. beschliesst die Annexion der Franche-Comté an Frankreich. Die Siege im Elsass drängen die deutschen Truppen entgültig über den Rhein zurück. Vor allem die Ajoie erfährt Truppendurchzüge und vereinzelte Plünderungen, doch zum befürchteten Einmarsch kommt es nicht.
1675 Louis XIV. lässt die elsässischen Einkünfte des Domkapitels sperren, die schon seit 1670 durch den Krieg Einbussen erlitten hatten. Das Kapitel hat damit die Existenzgrundlage verloren. Auf die Proteste des Bischofs antwortet der König, die Einkünfte würden erst bei einer Residenznahme im Bistum freigegeben.
  Roggenbach fasst in der Folge Arlesheim als Sitz einer neuen Residenz ins Auge.
1677 Französische Truppen erobern Freiburg.
1678 Der Friedensschluss von Nimwegen beendet den Krieg. Louis XIV. gewährt dem Basler Domkapitel freien Abzug aus Freiburg und die Aufhebung der Konfiskation der Güter im Elsass. Die Domherren treffen am Jahresende mit ihrem Archiv in Arlesheim ein.
1679 Das Kapitel entscheidet sich definintiv für Arlesheim als neue Residenz und gibt sich neue Statuten. Der Bau der Residenz wird sogleich aufgenommen. Für die Finanzierung haben die Landstände mit einer Sondersteuer zu sorgen.
1681 Der Arlesheimer Dom wird durch den Bischof eingeweiht.
1688 Die unter strenger Geheimhaltung erfolgte Wahl des künftigen Fürstbischofs Wilhelm Jakob Rinck von Baldenstein (1693-1705) zum Koadjutor mit Nachfolgerecht steht unter dem Zeichen der Vorbeugung gegen eine französische Einflussnahme und der Kontinuität der Herrschaft im Fürstbistum: Wilhelm Jakob ist Grossneffe von Bischof Blarer und Neffe des Vorgängers gleichen Namens.
1691 Wie schon der Versuch von 1668 zur Aufnahme in ein eidgenössisches Verteidigungsbündnis scheitert ein weiteres Gesuch um die Aufnahme in die Eidgenossenschaft.
1702/1703 Auch Bischof Wilhelm Jakob bewirbt sich vergeblich um die Aufnahme in die Eidgenossenschaft. Die aussenpolitische Anlehnung aber bleibt: Das Bündnis mit den katholischen Orten wird erneuert und die Eidgenossenschaft bemüht sich, das Fürstbistum in Neutralitätserklärungen Frankreichs und des Reichs miteinbeziehen zu lassen.
1705 Bischof Johann Conrad von Reinach-Hirtzbach (1705-1737) geht aus einer schwierigen Wahl hervor. Das Domkapitel erscheint uneins, bei der Mehrheit ist jedoch das Bestreben um die Unabhängigkeit von äusseren Einflüssen sehr ausgeprägt.
  Schon kurz nach der Wahl kommt es zum Streit mit Bern um die Burgrechte im Südjura, durch die der Bischof seine herrschaftlichen Rechte gemindert sieht. Es kommt zu einer weiteren Einschränkung seiner Einflussmöglichkeiten.
  Bischof Johann Conrad bemüht sich um die Reform der öffentlichen Verwaltung, der staatlichen Wirtschaft, des Handels und des Strassenbaus. Obwohl diese Reformen in den späten 20er Jahren durch die ausbrechenden Unruhen zum Stillstand kommen und Rückschläge erleiden, werden dennoch die Grundlagen einer modernen Verwaltung geschaffen.
1716 Das Priesterseminar in Porrentruy wird neugegründet. Bischof Johann Conrad vereinigt es mit der Pagerie, die den adeligen Nachwuchs auf die Laufbahn in der öffentlichen Verwaltung und der Diplomatie des Fürstentums vorbereitet.
  Reinach nimmt die Münzprägung wieder auf; seine Münzen finden auch in Frankreich Verbreitung.
  Der aufwendige Neubau der bischöflichen Zweitresidenz in Delémont wird in Angriff genommen.
1724 Die Furcht vor einer Einflussnahme von aussen im Falle einer Sedisvakanz veranlasst Domkapitel und Fürstbischof, einen Koadjutor mit Nachfolgerecht zu bestimmen. Die Wahl fällt auf den jüngeren Bruder des Bischofs, Johann Baptist von Reinach-Hirtzbach. Dieser stirbt jedoch 1734 vor seinem Bruder.
1726 Reinach verabschiedet eine umfassende, straffe, zentralistisch orientierte Reform der öffentlichen Verwaltung, die regionale Autonomien und Gewohnheitsrechte teils empfindlich beschneidet. Es beginnen sich insbesondere gegen die ursprünglich ausserordentliche und traditionell von den Landständen zu bewilligende Verbrauchssteuer Widerstände zu regen; zuerst in den Franches-Montagnes.
1730 Der Bischof hofft die Situation mit Hilfe der Landstände unter Kontrolle zu bringen, die er allerdings nur als beratende und ausführende Instanz zu akzeptieren gewillt ist, während diese ihre frühere Stellung zu wahren suchen und sich um Vermittlung bemühen. Der absolutistisch gesinnte Bischof betrachtet die Verhandlungen als unakzeptable Beschneidung seiner Herrschaft. Die Landstände geraten in Konflikt mit dem Bischof und die Rebellion weitet sich aus.
1731-1732 Der Wiener Hof nimmt sich der Angelegenheit an und entscheidet ganz im Sinne des Bischofs. Der Widerstand hält jedoch an und festigt sich; die Vertreter der Landstände bilden eine parallele Macht in Opposition zum Bischof; die bischöfliche Administration ist erheblich beeinträchtigt.
1734 Ein Vermittlungsversuch der katholischen Orte der Eidgenossenschaft schlägt fehl. Der Bischof orientiert das Domkapitel nicht mehr über die Regierungsgeschäfte.
1735 Enttäuscht über über die mangelnde Unterstützung verzichtet Reinach auf die Verlängerung des Bündnisses mit den katholischen Orten der Eidgenossenschaft und beginnt sich um französische Unterstützung zur Niederschlagung des anhaltenden Widerstandes zu bemühen.
1736 Der kaiserliche Hof entscheidet definitiv gegen die Ansprüche der Landstände auf eine politische Rolle.
1737 Basel verweigert einem kaiserlichen Regiment den Durchmarsch zur Unterstützung des Bischofs.
  Das Domkapitel wählt Jacob Sigismund von Reinach-Steinbrunn (1737-1743) zum neuen Fürstbischof; die Wahl wird sowohl von Paris als auch Wien gutgeheissen. Die Hoffnungen der Landstände auf ein Einlenken des neuen Fürsten erfüllen sich nicht.
1739 Nachdem weder von der Eidgenossenschaft noch vom Reich die nötige militärische Hilfe zur vollen Wiederherstellung der bischöflichen Herrschaft zu erwarten gewesen war, schliesst Reinach mit dem französischen König Louis XV. das schon von seinem Vorgänger angebahnte Abkommen. Obwohl sich der Bischof politische Neutralität vorbehält und die Bindung ans Reich bleibt, liegt in diesem Bündnis doch eine für das weitere Schicksal des Fürstbistums bedeutungsvolle aussenpolitische Wende.
1740 Mit Hilfe französischer Truppen wird der Widerstand gegen die absolutistische Herrschaft des Fürstbischofs hart und blutig niedergeschlagen. Es bleiben die anhaltenden Folgen der jahrelangen Zerrüttung der staatlichen Ordnung und die hohen Kosten der französischen Intervention. Die Funktion der Landstände bleibt fortan auf die Aufteilung der vom Bischof geforderten Sonderabgaben beschränkt.
1744 Wieder gelingt es bei der Bischofswahl, einen sowohl Frankreich wie Österreich genehmen Kanditaten zu erheben: Joseph Wilhelm Rinck von Baldenstein (1744-1762); der dritte Fürstbischof aus dieser Familie.
  Der neue Fürstbischof trifft in Schlettstadt den französischen König Louis XV. Er beruft sich dem Reich gegenüber auf seine Neutralität und betreibt in Wirklichkeit eine frankreichorientierte Aussenpolitik; stets aber unter Wahrung der ideellen Bindung an das Reich und des Bewusstseins der reichsfürstlichen Würde. Eine Allianz mit der Gesamteidgenossenschaft wird weiter angestrebt.
  Die Herrschaft von Bischof Joseph Wilhelm steht im Zeichen des staatlichen und wirtschaftlichen Wiederaufschwunges nach der Zeit der schweren Unruhen. Der neue Fürst sichert sich die Gunst der Untertanen durch Milde gegenüber den Bestraften und ihren Familien. Aufbauend auf die Politik der frühen Regierungszeit von Johann Conrad von Reinach-Hirtzbach wird die Reform der öffentlichen Verwaltung, des Verkehrswesens und der staatlichen Wirtschaft vor allem nach französischem Vorbild und im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus fortgeführt: Die fürstbischöfliche Verwaltung erreicht ihren Höhepunkt. Eine Schlüsselfigur für das Reformwerk ist der einflussreiche Hofkammerrat Franz Decker (1691-1776, seit 1721 in fürstbischöflichem Dienst), ein begabter Verwaltungsfachman und Diplomat, der als Elsässer auch direkten Anteil an der politischen Orientierung des Fürstentums nach Frankreich hatte - und dies schon vor der Regierung von Joseph Wilhelm.
Die systematische Verbesserung und Erweiterung des Strassennetzes, der Ausbau der staatlichen Eisenindustrie und die neu installierte Stahlproduktion verbessern die wirtschaftliche Lage des Staates; die Aussenhandelsbilanz ist erstmals ausgeglichen. Der enorme Holzbedarf der Eisen- und Stahlproduktion bedingt eine mit grosser Sorgfalt erarbeitete neue Forstverwaltung (1755), die für das Gebiet der Schweiz bahnbrechend gewirkt hat.
  Nach dem Tod von Johann Baptist Haus 1745 bestellt Rinck keinen Weihbischof mehr, sondern nimmt alle Funktionen des geistlichen Oberhirten persönlich wahr. Er festigt die Rolle des Jesuitenordens im Ausbildungswesen, regelt die Priesterausbildung neu, verstärkt die Aufsicht über den Klerus und begibt sich persönlich auf Visitationsreisen.
  Unter Bischof Joseph Wilhelm erhielt Porrentruy mehrere prachtvolle Neubauten. In Arlesheim zeugt die Vergrösserung und opulente Neuausstattung des Domes (1759-1761) vom neuen Wohlstand des Fürstbistums.
1747 Einer neuen Feiertagsordnung unter drastischer Reduktion der kirchlichen Feiertage liegen wirtschaftliche Überlegungen und die Sorge um die öffentliche Ordnung zugrunde: Der Bischof will Fleiss und "vernünftiges Leben" fördern.
1758 Die Auseinandersetzungen mit Bern werden im Vertrag von Biel durch die gegenseitige Anerkennung des Status quo beigelegt: Der Bischof anerkennt die Burgrechte, Bern die bischöfliche landesherrliche Hoheit über den Südjura.
1762 Bei der Bischofswahl kann sich die "französische" Partei im Domkapitel mit ihrem Kandidaten Friedrich Ludwig Franz von Wangen-Geroldseck nach einem langen Wahlverfahren nicht durchsetzen. Als Kompromisskandidat wird Simon Nicolaus von Froberg (Montjoie) (1763-1775) gewählt.
1770-1771 Um den Versorgungsengpass infolge der gesamteuropäischen klimabedingten Missernten besser bewältigen zu können, wird unter der Regie von Franz Decker eine Volkszählung nach sehr differenzierten Kriterien durchgeführt.
  Das Alter und die schwache Gesundheit des Bischofs verursachen Spannungen innerhalb des Domkapitels. Die beiden Hauptparteien - die "deutsch gesinnten" und die "Frankreichtreuen" - bereiten sich auf die Bischofswahl vor.
1775 Die Uneinigkeit der "deutsch gesinnten" Partei und die Furcht vor fremder Einflussnahme führt zur Wahl von Friedrich Ludwig Franz von Wangen-Geroldseck (1775-1782), dem Kandidaten der "französischen" Partei.
1779-1780 Durch einen Gebietsabtausch mit dem Erzbischof von Besançon kommt die Ajoie und damit insbesondere die Residenzstadt Porrentruy zur Diözese Basel und damit unter die auch geistliche Jurisdiktion des Fürstbischofs. Viele Jahrzehnte lang hatten die Fürstbischöfe auf dieses Ziel hingearbeitet; dass es jetzt zustandekam, ist eine Folge der guten Beziehungen des Bischofs Friedrich Ludwig Franz zum französischen Hof.
1780 Das Bündnis mit Frankreich von 1739 wird erneuert und erweitert. Der Kern des Abkommens besteht in der Zusage französischer militärischer Intervention bei äusserer und innerer Bedrohung des Fürstbistums. Kleinere Grenzbereinigungen werden vereinbart.
1782 Beim unerwarteten Tod des Bischofs gibt es keinen geeigneten Kandidaten der "französischen" Partei. Es kommt zur schnellen, problemlosen Wahl des "deutschgesinnten" Franz Joseph Sigismund von Roggenbach (1782-1794), die sowohl von Kaiser Joseph II. als auch von König Louis XVI. begrüsst wird.
  Weihbischof Johann Baptist Joseph Gobel beginnt heimliche Intrigen zu spinnen, um seinen hohen Geldbedarf zu befriedigen und um auf das Ziel der Abtrennung des Oberelsass als eigenes Bistum mit ihm an der Spitze hinzuarbeiten. Bald beginnt er damit, den neuen Fürstbischof und das Domkapitel in regelmässigen Berichten an den französischen Hof anzuschwärzen.
  Die wirtschaftliche und kulturelle Blüte des Fürstbistums seit der Jahrhundertmitte hält weiter an. Herausragende Leistungen der Regierung Roggenbachs sind die Verbesserung der Grundschulen, die Ordnung des Armenwesens, die Münzprägungen und die Schuldentilgung.

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