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Das Fürstbistum Basel: Untergang (1789 - 1829)

Der Untergang des Fürstbistums und das Schicksal seines Territoriums (1789 - 1829)

1789 Die erste schwerwiegende Folge der französischen Revolution für das Fürstbistum ist die Aufhebung der Feudalrechte, die zum Totalverlust der Einnahmen aus dem Elsass führt: Das Domkapitel verliert so weit mehr als die Hälfte seiner Einkünfte.
  Im Fürstbistum kommt es zu ersten Unruhen im Südjura, die mit Hilfe Berns unter Kontrolle gebracht werden.
  Weihbischof Gobel wird Vertreter des oberelsässischen Klerus in den französischen États généraux.
1790 Frankreich überträgt infolge der Verstaatlichung der Kirche die geistliche Jurisdiktion über das Elsass einem konstitutionellen Bischof mit Sitz in Colmar.
  Die Opposition gegen die fürstbischöfliche Regierung beginnt zu wachsen. Ihre Führer sind Weihbischof Gobel und sein Neffe Hofrat Joseph Anton Rengguer.
Es werden eine Reihe von Klagen aufgestellt, die im Wesentlichen den Privilegienabbau zum Ziel haben, und die Einberufung der Landstände gefordert.
1791 Der Bischof fürchtet die Machtübernahme durch die Landstände und bemüht sich um militärische Hilfe zur Wiederherstellung der Herrschaft. Nach vergeblichen Hilfegesuchen in Bern, Solothurn und Basel erreicht er die Stationierung einer kleinen österreichischen Truppe. Die Revolutionäre fliehen oder werden gefangengesetzt. Der kaiserliche Kommissar Hermann von Greifenegg trägt sich die Feindschaft des Domkapitels ein, insbesondere weil er eine Lockerung des Jagdprivilegs befürwortet.
  Roggenbach beruft die Landstände ein. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kann der Fürstbischof der Versammlung seinen Willen aufzwingen und damit die Stände als potentiell revolutionärer Faktor ausschalten.
  Gobel, inzwischen zum konstitutionellen Erzbischof von Paris aufgestiegen, und Rengguer agitieren in Paris gegen die fürstbischöfliche Regierung. Sie haben jedoch vorerst keinen Erfolg und Ende Jahr scheint das Fürstentum gerettet zu sein.
1792 Durch die österreichisch-preussische Allianz gegen Frankreich und den Sturz der gemässigten französischen Regierung ändert sich die Lage: Die österreichischen Truppen im Fürstbistum werden von Frankreich als Bedrohung empfunden, während Österreich keine militärische Auseinandersetzung im Jura riskieren will.
  Archiv und Vermögenswerte werden aus Porrentruy nach Biel geschafft, das Domkapitel deponiert Archiv und Domschatz im Basler Domhof.
  Unmittelbar vor der Kriegserklärung Frankreichs an Österreich marschiert die österreichische Garnison Richtung Rheinfelden ab. Mit iher Nachhut verlässt der fürstbischöfliche Hof die Ajoie und zieht sich nach Biel zurück, in das mit Bern verbündete Gebiet des Fürstbistums. Kurz danach marschieren französische Truppen ein und besetzen unter Berufung auf den Vertrag von 1780 die Jurapässe. Der grösste Teil des bischöflichen Herrschaftsgebietes jedoch bleibt unbesetzt und bischöfliche Hoheit wird anerkannt. Die fürstbischöflichen Beamten können sich vorerst gegen die Revolutionäre unter Rengguer durchsetzen.
  Zunächst das Domkapitel im Alleingang, dann aber auch der Fürstbischof bemühen sich um den Einschluss des Fürstbistums in die eidgenössische Neutralität und um die Besetzung durch eidgenössische Truppen.
  Die Frauenfelder Tagsatzung vom Mai beschliesst gegen den anfänglich scharfen Widerstand vor allem von Basel und Zürich die Aufnahme des Fürstbistums in die eidgenössische Neutralität. Es setzen langwierige diplomatische Verhandlungen um den Abzug der französischen Truppen ein.
  Mit der Gefangennahme des Königs und der Verkündung der Republik schwinden die Hoffnungen auf eine Verständigung mit Frankreich. Die machtlose fürstbischöfliche Verwaltung kann sich dem revolutionären Umsturz nicht mehr widersetzen. Gobel, inzwischen zum konstitutionellen Erzbischof von Paris aufgestiegen, kehrt als französischer Gesandter zurück. Am 5. November werden Fürstbischof und Domkapitel für abgesetzt erklärt und am 17. Dezember wird die Raurachische Republik ausgerufen.
  Roggenbach begibt sich Anfang Dezember nach Konstanz ins Exil. Der Hof ist auf wenige Räte und Beamte reduziert.
1793 Die letzten Domherren verlassen Arlesheim. Einige lassen sich in Basel nieder, der Versammlungsort und offizielle Sitz ist wieder Freiburg im Breisgau.
  Die Raurachische Republik wird als Département Mont-Terrible Frankreich einverleibt. Ein Umsturzversuch wird blutig niedergeschlagen.
1794 Roggenbach stirbt in Konstanz. Das Domkapitel versammelt sich erstmals seit der Vertreibung vollzählig; die Nachricht vom Tod Gobels in Paris auf der Guillotine trifft ein. Eine Wahlkapitulation soll den künftigen Fürstbischof auf eine Bündnispolitik mit der Gesamteidgenossenschaft verpflichten. Domherr Ligerz als aussichtsreichster Kandidat schlägt die Wahl unter Hinweis auf die verzweifelte Lage des Fürstbistums aus. Aus der schnellen Wahl geht der 45-jährige Franz Xaver von Neveu (1794-1828) als neuer Fürstbischof hervor.
  Seit diesem Jahr erfolgen keine Neuaufnahmen ins Domkapitel mehr.
1795 Französische Truppen besetzen die rechtsrheinische Herrschaft Schliengen.
1796 Als sich die französischen Truppen Konstanz nähern, beschliesst Neveu, in den unbesetzten südlichen Teil des Fürstbistums zurückzukehren und begibt sich mit seinem kleinen Hof nach La Neuveville. Bald muss er sich jedoch den Drohungen Frankreichs beugen und zieht sich ins Luzerner Kloster St. Urban zurück.
  Einige in Basel versammelte Domherren verlangen vom Fürstbischof die sofortige Lösung vom Reich und vollständige Integration in die Schweiz. Neveu geht darauf nicht ein.
  Schliengen wird von der französischen Besatzung befreit.
1797 Der Friedensschluss mit Österreich gibt Frankreich links des Rheins freie Hand. Französische Truppen besetzen die südlichen Gebiete des Fürstbistums.
  Durch den Druck Frankreichs auf Luzern muss sich Neveu nach Konstanz zurückziehen.
1798 Französische Truppen marschieren in die Eidgenossenschaft ein, die Helvetische Republik wird gebildet.
  Neveu zieht sich aus dem grenznahen Konstanz nach Ulm zurück.
1799 Der Fürstbischof zieht nach Passau. Militärische Erfolge von Erzherzog Karl erwecken für kurze Zeit Hoffnungen auf eine baldige Wiederinbesitznahme des Fürstentums.
1800 Neveu bemüht sich persönlich bei Kaiser Franz II. in Wien um Beistand zum Erhalt des Fürstbistums.
  Das Département Mont-Terrible wird dem Département Haut-Rhin angeschlossen.
1801 Mit der Eingliederung des Fricktals in die Helvetische Republik gehen weitere Einkünfte verloren. Der Fürstbischof kann die Beamten nicht mehr bezahlen.
1802 Die Säkularisation der geistlichen Fürstentümer wird beschlossen. Der von Napoleon geförderte Markgraf von Baden als Rechtsnachfolger des Fürstbischofs nimmt Schliengen in Besitz, den letzten Rest des fürstbischöflichen Herrschaftsgebiet. Mit der Übergabe am 30. November erlischt die weltliche Herrschaft des Basler Bischofs. In langwierigen Verhandlungen wird die Schuldentilgung des Staates und die Pensionen für Bischof und Domherren geregelt.
1803 Am 25. Februar verabschiedet die Reichsdeputation den von Napoleon diktierten Beschluss, der am 24. März vom Reichstag und am 27. April vom Kaiser ratifiziert wird: Er besiegelt die Säkularisation der geistlichen Staaten, und damit wird auch das Fürstbistum Basel nach annähernd acht Jahrhunderten seines Bestandes auch formell aufgelöst. Der Beschluss markiert den endgültigen Untergang der alten Reichskirche. Damit ist auch das Domkapitel aufgelöst; wie der Bischof sind die verbliebenen Domherren nun Pensionäre der Nachfolgestaaten des Fürstbistums.
  Neveu zieht sich in seinen Familiensitz nach Offenburg zurück, wo er vor seiner Wahl lange eine Pfarrstelle innegehabt hatte. Er nimmt aber im Gegensatz zu anderen ehemaligen geistlichen Fürsten weiter seine Rolle als Bischof der auf wenige Pfarreien im Kanton Solothurn und im Fricktal reduzierten Diözese wahr und beginnt sich um den Erhalt und die Erweiterung des Bistums innerhalb der Schweiz zu bemühen.
  Das heilige römische Reich deutscher Nation überlebt den Untergang der Reichskirche nicht lange: Sein Ende wird 1804 mit der Schaffung eines erblichen österreichischen Kaisertitels vorbereitet und mit der Schaffung des Rheinbundes 1806, auf den die Niederlegung der Krone des römischen Kaisers durch Franz II. folgt, vollzogen.
1810 Neveu unternimmt die erste Pastoralreise nach Solothurn und ins Fricktal.
1812 Solothurn bemüht sich um die Errichtung eines neuen Bistums Basel.
1813 Die Herrschaft Napoleons bricht zusammen. Die Arrondissements Porrentruy und Delémont werden von aliierten Truppen besetzt. Neveu und sein Sekretär Schumacher beginnen auf eine Wiederherstellung des Fürstbistums als selbständiger Schweizer Kanton zu hoffen.
1814 Aliierter Generalgouverneur für die Franche-Comté und das "Fürstentum Porrentruy", für das es infolge der Säkularisierung von 1803 keinen legitimen Anwärter auf die Herrschaft gibt, wird Conrad Friedrich Carl von Andlau, der Sohn des letzten fürstbischöflichen Vogtes zu Birseck Franz Carl von Andlau und Verwandte Metternichs. Obwohl sein eigentlicher Amtssitz Vesoul ist, residiert er in seinem Familiensitz in Arlesheim.
  Die ehemaligen fürstbischöflichen Gebiete werden von Frankreich getrennt, das auf die Grenzen von 1792 reduziert wird.
  Neveu und Schumacher entwickeln eine ausgreifende diplomatische Tätigkeit zur Wiederherstellung des Fürstbistums.
  Durch ein päpstliches Breve wird die alte Diözese einschliesslich der elsässischen Gebiete wiederhergestellt.
1815 Der Bischof begibt sich zu einer Pastoralreise in das Generalgouvernement. Am 26. Januar zelebriert er ein Hochamt im Arlesheimer Dom und zieht unter grossen Feierlichkeiten am 31. Januar in Porrentruy ein, wo er im Schloss Quartier nimmt. Bereits am 8. Februar jedoch reist er nach Offenburg ab. Seine enttäuschten Anhänger klagen über die verpasste Chance zur Wiederherstellung des Fürstbistums mit einer machtvollen Geste. Doch standen bereits beim Beginn des Wiener Kongresses Ende 1814 die Zeichen für die Restitution schlecht, sodass der Bischof kaum mehr Hoffnungen auf Erfolg hegen konnte: Nach allgemeinem Konsens unter den Siegermächten sollten die geistlichen Staaten nicht wiederhergestellt werden.
  Der Kanton Solothurn wird der Diözese Basel eingegliedert.
  Das Schlussdokument des Wiener Kongresses spricht das Territorium des ehemaligen Fürstbistums Bern zu als Entschädigung für die Verluste in der Waadt und im Aargau, mit Ausnahme des Birseck, das an den Kanton Basel fällt. Am 23. August übergibt Generalgouverneur Andlau dem Zürcher Alt-Bürgermeister Johann Konrad Escher in Pruntrut die kommissarische Verwaltung des Fürstbistums. Bei den Übergabeverhandlungen bemüht sich Neveu um Garantien für die katholische Bevölkerung. Escher übergibt am 21. Dezember die an Bern gefallenen Teile und am 28. Dezember in Arlesheim das Birseck dem Basler Bürgermeister Ehinger.
  Neveu verfolgt weiter die Rettung und Neugründung der Diözese Basel. Er setzt sich insbesondere für den Erhalt des Namens, für Pruntrut als Residenzstadt, für die Vergrösserung der Diözese und für die standesgemässe Ausstattung des Bischofs ein: So weitgehend wie möglich sollte der seit 1803 rein geistliche Oberhirte an die Tradition der annähernd vier Jahrhunderte der Herrschaft in Porrentruy anknüpfen.
1818-1824 Der Bischof passt die Verwaltung der Diözese den neuen politischen Verhältnissen an und überträgt sie vier Generalprovikaren, während er sich persönlich immer mehr aus der Verwaltung zurückzieht, unter anderem aus Resignation darüber, dass die Verhandlungen um das neue Bistum Basel nun zunehmend über seinen Kopf hinweg direkt zwischen den Kantonen und dem apostolischen Nuntius geführt werden.
1827 Der Protest des betagten Bischofs gegen das erste Bistumskonkordat bleibt ohne Wirkung. Neveu unterzeichnet die Resignation, die aber angesichts der hängigen Verhandlungen zurückgewiesen wird.
1828 Kurz vor dem Tod Neveus wird mit einer päpstlichen Bulle die Neubegründung des Bistums Basel besiegelt. Aktiv beteiligt sind die Kantone Solothurn, Luzern, Bern und Aargau (in der endgültigen Fassung des Konkordates abgelöst durch Zug); Bischofssitz wird Solothurn. Die feierliche Verkündigung der Neuorganisation erfolgt am 13. Juli in Solothurn. Das Kollegiatsstift St. Urs und Viktor wird zum Kern des neuen Domkapitels, der durch je drei Kapitularen aus den Kantonen Luzern und Bern und einem aus dem Kanton Zug ergänzt wird. Wie die 1803 untergegangene adlige Institution erhält das neue Domkapitel das Bischofswahlrecht.
  Neveu stirbt am 23. August in Offenburg gleichzeitig als letzter Fürstbischof und erster Bischof des neuen Bistums Basel.
  Mit der Wahl von Joseph Anton Salzmann, einem Luzerner bürgerlicher Herkunft und zuvor Generalprovikar für den Kanton Solothurn, der nach seiner formellen Bestätigung 1829 den Treueeid gegenüber den staatlichen Behörden leistet, wird der Bruch der Kontiniutät zum alten Bistum Basel endgültig vollzogen.

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