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Rätisches Namenbuch (Vol. III): Fachausdrücke (Technical Terms) |
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Fachausdrücke / Technical Terms (Seiten/pages 49-52)
advocatus Vertreter der kirchlichen Behörden vor einem weltlichen Gericht
Affrikata Verschlusslaut mit folgendem Reibelaut (deutsch pf, tz)
Agglutination Verschmelzung des Artikels oder der Präposition mit dem
folgenden Substantiv (rätorom. nislas < in islas)
alveolar Laut, der entsteht, wenn die Zunge gegen das Zahnfleisch
gepresst wird
Anachoret frühchristlicher Einsiedler, Klausner
anaptyktisch Vokal, der zur Erleichterung der Aussprache zwischen zwei
Konsonanten erscheint (volkstümlich arteritis für
Arthritis); Sprossvokal
Appellativ Gattungsbezeichnung (im Gegensatz zu Eigennamen)
Arimannien langobardischer Staatsbesitz, auf dem Gemeinfreie
angesiedelt wurden
Aspirata behauchter Verschlusslaut (deutsch ph, th)
asyndetisch hier verwendet für Verbindungen von zwei Substantiven ohne
dazwischengeschaltete Präposition
(rätorom. cau vitg <Dorfoberhaupt>)
Augurativnamen Namen, welche einen Wunsch ausdrücken
(deutsch Leberecht, ital. Dietiguardi)
autokephal von Kirchen, die ein eigenes Oberhaupt haben
avia lat., <Grossmutter>
beneficiarius in karolingischer Zeit, wer ein Königslehen (beneficium)
innehatte
carroccio Prunkwagen, der in den italienischen Städten des Mittelalters
die Stadtfahne and die Stadtheiligen in die Schlacht führte
cellerarius mlat., <Kellner, Verwalter der Vorräte in einem Kloster>
Cluniazenser benediktinischer Reformorden, nach dem burgund. Kloster
Cluny benannt
Cognomen der Unterscheidung dienender dritter Name im alten Rom
(Publius Ovidius Naso)
confessor altchristlich: Glaubenszeuge, der nicht den Märtyrertod
erlitten hat
Dedikation Kirchweihe, Akt, durch welchen eine Kirche dem besonderen Schutz
eines Heiligen unterstellt wurde
deganus mlat., <Dekan, Amtsträger in einem Kloster,
Vorsteher eines Kapitels>
Diphtongierung Entwicklung eines einfachen Vokals zu einem Zwielaut
(mhd. wît zu nhd. weit)
Dissimilation Differenzierung von zwei sich folgenden gleichen oder ähnlichen
Lauten zwecks besserer Aussprechbarkeit
(Bologna für älteres BONONIA)
dogmatisch die verbindliche, kirchliche Lehre vertretend
entrundet gesagt von Vokalen, bei deren Aussprache die Lippenrundung
aufgegeben wird (surselv. flem aus älterem flüm <Fluss>)
epigraphisch die antiken Inschriften betreffend
Epitheton als Attribut gebrauchtes Adjektiv, schmückendes Beiwort
Euphemismus beschönigende, verhüllende Umschreibung eines anstössigen
Begriffs <geistige Umnachtung> für <Wahnsinn>,
ital. casino für <Bordell>)
gentilicia Namen altrömischer Sippenverbände (gentes)
hagiologisch die Erforschung der Heiligenleben betreffend
hiatustilgend Laut, der das Aufeinanderstossen zweier gleicher oder ähnlicher
Laute verhindert (rätorom. giovar aus älterem gioar <spielen>)
honestiores lat., <Leute von Stand and Würde>
hyperkorrekt fehlerhafte Form, die aus einem übertriebenen Streben nach
korrekter Sprachnorm entsteht (von einem Kind gehört:
"Das Glas ist heruntergeworfen", weil im Schweizerdeutschen
abegheie sowohl die transitive Bedeutung von <hinunterwerfen>
als auch die intransitive Form von <herunterfallen> enthält)
Hypokoristika vertrauliche Kurzformen eines Namens
(ital. Gino oder Gigi für Luigi)
Interferenzerscheinungen: Ergebnisse des Kontaktes zwischen zwei verschiedenen
Sprachen mit gegenseitiger Beeinflussung
iudex lat., <Richter>
kontextfrei ohne Bezug auf eine umgebende sprachliche Einheit, welche
Elemente des Verstehens enthält
Lautverschiebung (hochdeutsche): Sprachlicher Vorgang, bei welchem die
ursprünglichen Verschlusslaute p, t, k je nach Stellung zu
Affrikaten (lat. PALUS zu Pfahl, TURICUM zu Zürich) oder zu
Doppelspiranten wurden (engl. open, dt. offen)
Leitnamen Namen von Personen, die aus politischen oder religiösen Gründen
als Vorbild dienen
Lemma Stichwort in einem Wörterbuch
Liquidlaute volltönende, stimmhafte Konsonanten, bei deren Bildung die Luft
schwingend and kontinuierlich dem Mund entströmt
(die Konsonanten l und r)
magister lat., das Wort hat viele Bedeutungen, meist bedeutet es
<Mann mit Hochschulstudium>
Matronymicum nach Patronymicum neugebildet: Name, der nach dem Mutternamen
gebildet worden ist (rätorom. Barblan zum VN Barbla)
mediopalatal am mittleren, harten Gaumen gebildete Laute
(surselv. tg in tgaun <Hund>)
Metathese Stellungswechsel eines Konsonanten innerhalb eines Wortes
(surselv. carpun aus crapun <grosser Stein>)
miles mlat., <Ritter>
Ministerialadel, Ministerialen: ursprünglich unfreie Schicht von Hofdienern,
aus denen später der niedere Adel entstand
Morphem kleinste, bedeutungstragende Einheit einer Sprache,
kleinstes sprachliches Zeichen
Nomen agentis Substantiv, das den Handelnden, den Täter bezeichnet
(backen = der Bäcker, dienen = der Diener)
Nomen singulare im altrömischen Namensystem Personennamen, der ohne Beinamen
verwendet werden konnte
Obliquus in den romanischen Sprachen jene Fallform, welche, neben dem
Nominativ, die Funktionen aller übrigen Kasus in sich vereinigt
(Genitiv, Dativ, Akkusativ and Ablativ sind beim Substantiv in
einer Form zusammengefallen)
Onomasticon Verzeichnis der (Personen-)Namen einer Sprache
Onomastik Namenkunde
Palatal Laut, der durch Annäherung der Zunge an den vorderen Gaumen
entsteht (rätorom. tschiel, schem)
passim lat., <da und dort> (im Text)
Patronymicum nach dem Vaternamen gebildeter Familienname (Janigg, Pedretti,
Hanser)
Phonologie Lehre von den Sprachlauten unter den Aspekten ihres Vorkommens,
ihrer Kombinierbarkeit and ihrer Funktion im Sprachsystem
Prädialnamen zu lat. praedium, <Landgut>; Ortsnamen, die durch die Verbindung
eines spätrömischen Besitzernamens mit einem Suffix entstanden
sind (lat. FUNDUS MARCIANUS >> Marciano)
präkurial Organisationsformen der christlichen Kirche vor deren
Zentralisierung in Rom
Prosopographie Verzeichnis aller Personen einer Epoche
Recognitio Prüfung der Authentizität (einer Reliquie) and deren formelle
Anerkennung
Reduplikationsformen: Sprachformen, die den Stammvokal oder den Stammkonsonanten
wiederholen (ital. babbo, mamma)
rezipieren neue oder fremde Elemente in die eigene Sprache and Kultur
übernehmen
scabrous mlat., <Schöffe>, Laienrichter
scavenzius vermutlich gleichbedeutend mit scabinus
Schleifnamen Scherznamen, wie sie früher bei der Aufnahme der
Handwerksgesellen vorgeschlagen wurden
scriptor lat., <Schreiber>
scultaizus mlat., <Schultheiss, Dorfrichter>
semantisch die Bedeutung sprachlicher Zeichen and Zeichenfolgen betreffend
Skripta die geschriebene (Urkunden-)Sprache
Sonorisierung Umwandlung eines stimmlosen in einen stimmhaften Konsonanten
Spirans Reibelaut, bei dem der austretende Luftstrom ein Geräusch
erzeugt (die deutschen Konsonanten s, f, š )
Sprossvokal cf. anaptyktischer Vokal
Suffix an ein Wort oder an einen Wortstamm gebundene Ableitungssilbe
(Feind-schaft, feind-lich)
Synkretismus Vermischung verschiedener Kulte, Religionen und philosophischen
Lehren
theokratisch Herrschaftsform, in der religiöse and staatliche Ordnung eine
Einheit bilden
theophor Personennamen, die auf Götternamen zurückgehen
theriophor Personennamen, die von Tiernamen abgeleitet sind
Topos in der Literatur: immer wiederkehrendes Motiv, Gemeinplatz
transhumance Hirtennomadismus, wie er besonders bei den Schafhirten üblich
war
Tridentinum Kirchenkonzil von Trient (16. Jahrhundert)
uxor lat., <Gattin>
Velar Konsonant oder Vokal, der am hinteren Gaumen gebildet wird
(im Deutschen etwa die Laute g, u)
villicus mlat., <Meier, Verwalter eines Gutes>
Vita Lebensbeschreibung eines Heiligen
Vokativ besondere Sprachform für Anrede oder Anruf
Vokalsynkope Ausfall des unbetonten Vokals vor oder nach einem betonten Vokal
(CAMERA >> combra <Kammer>, PABULARE >> pavlar <füttern>)
Wechselsennerei Betriebsform, bei der die Viehbesitzer abwechslungsweise das
Füttern und Melken des Viehs besorgen